Heute stellen wir Ihnen die erste von 6 Teilnehmern unserer von Nina Ruge am 24.10. moderierten Podiumsdiskussion „Champions Talk“ vor: Anja Leipert. Sie gehört zu den Internet- und Social Media Champions im Handwerk. Anja Leipert ist Goldschmiedin mit einem eigenen Unternehmen und Kategoriesiegerin beim Wettbewerb „Handwerkerseite des Jahres 2014“. Wir haben Anja Leipert zu ihrem Internet- und Social Media Marketing sowie für Handwerksbetriebe weiter interessierende Fragen interviewt.
Frau Leipert, stellen Sie sich unseren Leserinnen und Lesern kurz vor. Was machen Sie genau und wer sind Ihre Kunden?
Aktuell befinde ich mich im Jahr sechs meiner Selbständigkeit. Nach meiner schulischen Ausbildung und der betrieblichen Anschlusslehre, startete ich als Goldschmiedin ganz klassisch angestellt, in einer relativ großen Goldschmiedefirma. In dieser gewann ich dann nicht nur Einblick in die Serienfertigung, sondern spezialisierte mich auch im Bereich der Edelsteinfasserei.
Nachdem ich gewisse Berufserfahrung gesammelt hatte, steigerte sich in mir der Wunsch, kreativer und eigenständiger zu arbeiten. Somit startete ich quasi von null an meine eigene Goldschmiedewerkstatt, zuerst nebenbei und dann aktiver und in Vollzeit. Heute fertige ich individuelle Schmuckstücke an, ich arbeite Schmuckstücke um oder repariere sie oder fasse sie ein. Ganz nach Wunsch meiner Kunden – und diese sind Privatpersonen, Vereine, Firmen und öffentliche Einrichtungen.
Wann und vor allem warum sind Sie mit Social Media gestartet?
An sich wusste ich, dass ich es nicht schaffen würde, in der heutigen Zeit eine Goldschmiedewerkstatt ohne Betriebsübernahme, sprich ohne einen einzigen Kunden, ohne eigene Kollektion, ohne Sponsoren und ohne Grundkapital tragfähig zu machen. Daher war für mich von Anfang an klar, dass ich das Internet nutzen musste, um erst einmal sichtbar zu werden, um Kunden zu gewinnen und auch um Kontakte zu Zulieferern unterschiedlicher Dienstleistungen zu knüpfen, die ich brauchte. Das war ein ziemlicher Sprung ins kalte Wasser. Somit war der Start meiner Social Media Arbeit 2009. In meiner Werkstatt kann ich mittlerweile den größten Teil aller Arbeitsschritte selbst machen. Ein paar Ressourcen, die sehr kostenintensive Maschinen oder Werkzeuge bedürfen, habe ich allerdings bewusst ausgelagert.
Auf welche sozialen Netzwerke legen Sie den größten Focus und warum?
Aktuell ist mein Focus hauptsächlich auf die drei Großen gerichtet: Xing, Facebook und Google+. Mit anderen Netzwerken wie LinkedIn und Pinterest bin ich mich gerade erst am anfreunden und Twitter läuft nebenher. Jedes Netzwerk hat verschiedene Schwerpunkte und Vorteile, daher nutze ich diese unterschiedlich.
Xing hat die Eigenschaft, kein Freizeitnetzwerk zu sein, hier kann und sollte man professionell kommunizieren. Das Netzwerk ist groß und ich kann gezielt in Gruppen Kontakt zu Menschen aufnehmen, die Interesse an meinen Arbeiten haben könnten. Zudem kann man gut Kontakte knüpfen zu Dienstleistern, die einem abseits des Tagesgeschäftes hilfreich rund um das Thema Selbstständigkeit sein können. Sei es aktiv als Helfer oder Tippgeber. Dies empfinde ich vor allem für kleine Unternehmen wie in meinem Fall von Vorteil.
Facebook wird gern in der Freizeit genutzt, daher ist dies eher die Plattform, auf der ich nach Feierabend oder am Wochenende durch zwanglose Kommunikation auf mich aufmerksam machen kann. Zudem sind natürlich auch das direkte Feedback und die daraus entstehende Verteilkettenreaktion nicht zu unterschätzende Faktoren. Wer ist denn heute nicht bei Facebook? Vom kleinen Plausch, über amüsante Posts bis hin zur Akquirierung neuer Kunden ist hier recht zwanglos alles möglich.
Google+ war anfangs nicht so mein Freund, da noch sehr neu und ich habe das Netzwerk auch erst ziemlich stiefmütterlich betrachtet. Im Laufe der Zeit ist diese Plattform sehr angewachsen und hat einige Kinderkrankheiten ausgemerzt. An Google+ ist ja die reale Mutter, der Google Konzern, angeschlossen. Es ist auf jeden Fall von Vorteil, sein Unternehmen direkt bei dem größten Suchmaschinenportal zu präsentieren und gleichzeitig auch die damit recht leicht anzuwendenden Marketingaktionen zu nutzen die quasi als Gadgets mit im Paket auf der Google MyBusiness Seite angeboten werden. Dort findet jeder ein passendes Instrument für sich.
Wichtig ist übergreifend bei allen Netzwerken aber immer die Etikette, der gesunde Menschenverstand und die Balance, Leute nicht dauernd mit seinen Artikeln zu nerven. Man muss wirkliches Interesse an seinen Kontakten haben und nicht nur auf seinen eigenen Kommerz fokussiert sein. Damit entstehen auf Dauer gute, nachhaltige und interessante Kontakte auf allen Ebenen.
Welche Erfolge erzielen Sie heute mit Ihren Social Media Aktivitäten?
Großunternehmer bin ich nach wie vor nicht, das war auch nie der Plan. Allerdings habe ich es geschafft, mir einen soliden kleinen Kundenstamm anzulegen, mein Kredit für die Betriebsgründung ist abbezahlt, meine Werkstatt um einiges professioneller geworden, ich habe zahlreiche eigene Kollektionsartikel entwickelt und gefertigt, die Internetpräsenz ist professionalisiert und erweitert worden. Ich bin also auf dem Weg, meinen Betrieb auf gesunde Füße zu stellen. Diesen Weg hätte ich ohne Social Media Aktivitäten sicher nicht bis zu diesem Punkt gehen können. Vor allem nicht als Business-, Marketing-, Foto- und Webmaster-Autodidakt.
Haben Sie Tipps für diejenigen Handwerksunternehmer, die mit Social Media Marketing starten, oder es verbessern wollen?
Social Media Marketing kann durch Zufall wie eine Rakete zünden, das ist aber denke ich nur in den seltensten Fällen so. Daher ist es wichtig, strategisch, mit persönlichem und nicht nur finanziellem Interesse und vor allem mit enorm viel Fleiß an die Sache heranzugehen. Ich selbst habe das Meiste versucht durch Recherche und Ausprobieren zu bewerkstelligen und habe erkannt dass viele Räder gedreht werden müssen, um ganzheitlich Netzwerk Marketing zu betreiben. Ich bin noch lange kein Profi und es gibt immer wieder Neues zu entdecken. Wenn man „nebenher“ dann auch noch den Geschäftsbetrieb am Laufen halten muss, kann es bei einer Einzelkämpferin wie mir sein, dass es seine Zeit dauert, bis sich Erfolge einstellen.
Mittlerweile gibt es ganz passable Literatur, um sich nicht alles komplett selbst erarbeiten zu müssen und man kann sich erst einmal orientieren. Auch Internet-Marketing ist an sich ein Handwerk in das man Kreativität, Zeit und Passion stecken muss. Hat man alle seine Zahnrädchen nach und nach bearbeitet und angeordnet, kann man zusehen, wie diese anfangen wie eine feine mechanische Uhr ineinander zu greifen. Mit ab und an „aufziehen“ und der richtigen Pflege beginnt das ganze System plötzlich, konkrete Ergebnisse zu produzieren.
Liebe Frau Leipert, vielen Dank für Ihre offenen Worte. Wir freuen uns sehr, Sie am 24.10. beim 1. Internet-Marketing-Tag fürs Handwerk in der Schwabenlandhalle Fellbach begrüßen zu können und wir sind sehr gespannt, was Sie den Handwerkskolleginnen und -kollegen an diesem Tag von Ihren persönlichen Internet-Erfahrungen berichten können.